Sonntag, 2. März 2014

Deutsche Gutscheingelüste - Halbwissen gepaart mit Dreistigkeit


Ich habe mir gestern auf meinem Blog die Einträge der letzten paar Wochen angeschaut - auf der Startseite sieht man nur Nagellack-Posts. Na ja, die lassen sich eben schnell runterschreiben, aber eigentlich betreibe ich hier gar keinen Beauty-Blog. Man solls nicht glauben ;) Deshalb wird es in Zukunft mehr Posts wie diesen geben, auch wenn sie mehr Zeit kosten.

Aus mehr oder weniger aktuellem Anlass geht es heute um etwas ganz anderes - Gutscheine. Wie ich hier auf dem Blog schon das ein oder andere Mal am Rande erwähnt habe, arbeite ich als Aushilfe bei der Jenaer Filiale einer großen Schmuck-Kette mit zwei B's ;)

Dort kommt es immer wieder mal vor, das die Leute mit komischen Anfragen zu uns kommen ("Silber läuft an?!" - "Ich will die Ohrringe umtauschen! Ich habe sie schon zwei Wochen am Stück getragen und sie sind reduziert, aber sie gefallen mir doch nicht!"). Na ja gut, nicht jeder kann immer alles wissen. ;) Das dachte ich mir auch, als eine Kundin mir vor ein paar Monaten beim Bezahlen einen elf Jahre alten Gutschein vor die Nase knallte und ganz lässig meinte: "Den hab ich beim Aufräumen gefunden. Und nach dem deutschen Gutscheingesetz müssen sie ihn bis in alle Zeiten und für immer einlösen."

Ich habe sie SEHR verwirrt angesehen, das könnt ihr mir glauben. Ich arbeite da schon fast zwei Jahre, aber das Design des Gutscheins war so alt, dass es mir noch nie untergekommen war. Und das war auch kein Wunder, denn der Gutschein war seit gut acht Jahren abgelaufen.

Ich war natürlich trotzdem zunächst sehr kulant und habe versucht das Ding in die Kasse einzuscannen - zum Einen, weil ich neugierig war, zum anderen, weil die junge Dame (vermutlich war sie Mitte Zwanzig, also etwa so alt wie ich) ziemlich genervt hat und ich ihr einfach mal eins vorn Latz knallen wollte ("Huaaah!Nimm dies, mit dem Scanner!"). Natürlich hat die Kasse das Ding nicht mehr erkannt, weil alle Gutscheine von damals schon längst abgelaufen sind und wir inzwischen neue Gutscheine haben. Wer hätte es gedacht? Meine Kundin jedenfalls nicht. Ich habe das Ganze folgendermaßen gelöst: 1. Ich habe ihr gesagt, dass der Gutschein von der Kasse nicht angenommen wird, weil er zu alt ist 2. Ich habe sie an meine Chefin weiter verwiesen 3. Ich habe angefangen, mit ihr rumzudiskutieren über ihre Hirngespinste, was irgendwelche Gutscheingesetze angeht. (Jaah, so bin ich halt - ich kann's einfach nicht sein lassen. *smile* )

Und jetzt kommt das unvermeidliche: Ja, natürlich hat mich das nicht mehr los gelassen, und ich habe recherchiert. Und jetzt präsentiere ich euch meine Forschungsergebnisse:

Es gibt kein Deutsches Gutscheingesetz(wer hätt's gedacht?). Es gibt nicht mal ein Gesetz, das mit diesem Namen umschrieben wird (So wie zum Beispiel der oft zitierte "Taschengeldparagraph"). Es gibt allerdings etwas ähnliches, was sich aber auf den Gutschein der "freundlichen" jungen Dame nicht anwenden lässt: vor ein paar Jahren haben es ein paar Firmen etwas zu weit getrieben mit ihren Gültigkeitsbeschränkungen für die Gutscheine, unter anderem waren es wohl Kinos und eine große Elektronik-Kette, die sich nach einem Planeten benannt hat. Einen Gutschein, der nur ein halbes Jahr gültig ist, kann man auch nicht gebrauchen. Deshalb fand man, die Gültigkeit von Gutscheinen müsse gesetzlich festgelegt werden, und dies geschah auch. Das passende Gesetz findet sich im BGB, und zwar ist es der Paragraph 195.

Geht mal in eine Universitäts-Buchhandlung und schaut nach, wenn ihr mir nicht glaubt. :)

Um es kurz zu machen: dieses tolle Gesetz besagt, dass Gutscheine, egal was der Verkäufer behauptet, vom Gesetz her immer drei Jahre gültig sind (über einen angemessenen Zeitraum also). Gutscheine sind aber deswegen noch lange nicht ewig gültig. Inzwischen könnte es eine Inflation oder Deflation gegeben haben oder vielleicht hat sich sogar die Währung des Landes geändert. Oder aber, wie es bei meinem wahren Beispiel der Fall war, die inneren Strukturen innerhalb des Konzerns.

Was ich der jungen Frau noch sagen wollte,die ich leider nicht mehr bei uns gesehen habe, ist folgendes: Ihr Gutschein über einen Betrag von über 25 Euro(!) ist leider wertloses Papier, gute Frau. Wenn sie derartige Bloßstellungen in Zukunft vermeiden wollen, räumen sie doch einfach mal öfter als alle acht Jahre auf.


WEITERFÜHRENDE LINKS:

Gutscheine - unbegrenzt gültig? auf der Website der Verbraucherschutzzentrale Hamburg

Wikipedia-Artikel über Verjährung

§ 195 online





5 Kommentare:

  1. Toll, dass du das recherchiert hast! Dass Gutscheine noch länger gültig sind als das Unternehmen draufschreibt, hatte ich auch irgendwie im Hinterkopf, aber das mit den 3 Jahren wusste ich nicht. Ich würde aber auch nicht auf die Idee kommen, einen elf Jahre alten Gutschein einzulösen.

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  2. Sehr schön geschrieben und ich finde es gut, dass du das Ganze direkt mit Fakten belegst! Manche Kunden denken leider oft sie können sich alles erlauben, das habe ich früher zu oft selbst erlebt. Und ja, die Frau sollte wirklich öfter aufräumen :D

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  3. Finde ich super dass du das recherchiert hast.
    Ich mags ja gar nicht,wenn Leute mich schon so mit dem was sie wollen/wissen überrennen wollen und gleich feindselig werden noch bevor ich "Hallo" sagen konnte und das nur,weil sie(!) davon ausgehen es könnte Schwierigkeiten bei irgendwas geben.

    Liebste Grüße
    Zimtkringel.blogspot.de

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